Grundsätzlich begrüßt und unterstützt Mutmachen die Kampagne des UBSK gegen sexuellen Missbrauch und ist gerne bereit mitzuhelfen, Mitmenschen für das Thema „Sexualisierte Gewalt in der Kindheit“ zu sensibilisieren und das immer noch vorherrschende Tabu zu brechen.
Symbol der Kampagne ist ein weißes Andreaskreuz, welches in unterschiedlichsten Formen (Flyer, Sticker etc.) erworben und genutzt werden kann.
Wir sind der Meinung, dass dieses Symbol wenig passend ist. Viele Betroffene fühlen sich genau von diesem Symbol getriggert und finden sich gefühlsmäßig zurückversetzt in die Zeit der Gewalttaten, die an ihnen verübt wurden.
Der UBSKM und sein Team wurden mehrfach auf diese Gefahr und die Auswirkungen des Symbols hingewiesen, leider blieben diese Hinweise unbeachtet. Die einzige Reaktion war, dass man nicht auf alle Betroffenen Rücksicht nehmen könne.
Wir finden diese Umgehensweise mit Betroffenen äußerst unbefriedigend. Sie erinnert an die Reaktionen in Familien, wenn Betroffene ihren Missbrauch offen legen. Sie werden ignoriert, nicht wahrgenommen, als Lügner hingestellt. Manchmal wird Mitgefühl ausgesprochen, zu spüren ist dies jedoch nicht, da keine Konsequenzen folgen.
Mit dem Einsatz dieses Symbols fühlen sich viele Betroffene ebenfalls ignoriert und nicht wahrgenommen. Ihre Belange werden weder erkannt noch umgesetzt. Und gerade das sollte doch die Aufgabe des UBSKM sein.
Aktuelle Meldung auf SPIEGEL Online (15.01.2013):
Der ARD-Thriller „Operation Zucker“, der das Thema „Kindesmissbrauch“ (bei SPIEGEL „Kinderprostitution“ genannt) zum Inhalt hat, wird „geschönt“, weil er „Für die beste Sendezeit (…) offensichtlich zu deprimierend, das Ende des Films zu hoffnungslos“ ist.
Aufgemerkt: Es gibt keine exzessive Gewalt in „Operation Zucker“. Der Menschenhandel erscheint als geradezu nüchternes Gewerbe, das aus Papierkram, Autofahren und viel Schweigen besteht. (Zitat SPIEGEL Online)
Nein, was stört, ist das „hoffnungslose Ende“ des Films.
Da haben wir sie also wieder, die „Räume“, die die Gesellschaft „hell behalten will“. Nur nicht zu viel traurige Wahrheit – das stört uns…. Und die Hoffnungslosigkeit dieser Kinder deprimiert uns so….
Zum geplanten Sendetermin am Mittwoch in der Primetime läuft nun eine gekürzte Fassung, die dem Schluss der Geschichte ein wenig von seiner unversöhnlichen Wucht nimmt, schreibt SPIEGEL Online..
http://www.spiegel.de/kultur/tv/operation-zucker-ard-thriller-ueber-kinderhandel-mit-nadja-uhl-a-876544.html
(PS: Die Originalversion von „Operation Zucker“ ist am Mittwoch ab 22 Uhr in der Mediathek des Ersten abrufbar und wird Donnerstagfrüh um 0.20 Uhr in der ARD zu sehen sein. Also: Aufnahmegeräte programmieren!)
Der Regisseur der Kampagnen-Spots, Daniel Levy, hat sich in einem Interview mit der taz als beängstigend desinformiert und teilweise auch desinteressiert gezeigt. Sein Leitmotiv sei gewesen, (Zitat): „Räume, die wir hell behalten wollen!“ zu zeigen.
Genau diese Weigerung einer ganzen Gesellschaft, das Dunkle in ihrer Mitte sehen zu wollen, IST die größte Barriere für Betroffene, von Missbrauchserfahrungen zu berichten! Genau dieses Festhalten an einer (vermeintlich) „heilen Welt“, an „hellen Räumen“, macht Außenstehende blind für die Signale und taub für die Sprache der Betroffenen! Was es nicht gibt (geben darf), darüber kann auch nicht gesprochen werden.
Wer „Räume hell behalten will“ versagt denjenigen, die „beschmutzt“ wurden (durch die Täter) den Eintritt. Er schickt sie zurück in die dunkle Hölle der Täter.
Wo viel Licht ist, ist bekanntlich viel Schatten. Und denjenigen, die sich im Schatten der „hellen Räume“ herumtreiben (Täter), könnte nichts Besseres passieren, als dass sie vor lauter Starren auf die Helligkeit nicht wahrgenommen werden.
Herr Levy hat sich „entschieden, Bewusstsein zu generieren, das nicht von Schwere begleitet ist“. Wie schön für ihn. Den Betroffenen von sexueller Gewalt ist diese Entscheidung leider nicht vergönnt gewesen. Aber das ficht Herrn Levy ja nicht an.
Herr Levy glaubt, wenn man Kinder in Missbrauchssituationen zeigen würde, würde man suggerieren, dass jeder Raum ein Missbrauchsraum ist. – ….? Soll das seriöse Information und Aufklärung sein?
Tatsache ist: JEDER RAUM IST EIN (POTENZIELLER) MISSBRAUCHSRAUM! Das heißt nicht, dass er überall stattfindet, aber es heißt, dass er überall stattfinden KANN! Es gibt keine definierbaren Zonen, wo Kinder nicht gefährdet sind! Wenigstens das sollten wir aus der jüngsten Zeit gelernt haben.
Ich wundere mich sehr, dass ein Beauftragter für sexellen Kindesmissbrauch – der ja über die nötigen Informationen ebenso wie die entsprechende Sensibilität verfügen sollte – solche Kampagnen-Spots absegnet.
Danke für den Hinweis auf den taz-Artikel. Zu finden ist er hier: http://www.taz.de/!108753/
Herr Levy scheint überhaupt nicht zu verstehen, um was es geht – ich bin entsetzt! Täter agieren nicht im Dunkeln, sie agieren oft nahezu vor den Augen der Familie und in gleißendem Licht. Wenn’s zu hell wird, werden einfach die Augen geschlossen – was wir nicht sehen, ist nicht da! Dankeschön, Herr Levy, fürs erneute “ImDunkelnStehenlassen”!
Das Taktlose und Unsensible an dieser “Werbe” Kampagne ist, dass sich die Macher und Verantwortlichen für ein Symbol entschieden haben, dass sat. rit. Missbrauchte und Opfer, Betroffene, die an Sadomasoszenen verkauft werden, schwer triggern könnte, da dieses Andreaskreuzsymbol in o.g. Kreisen eines von vielen Folterinstrumenten ist!!!
Obwohl die Verantwortlichen dieser Kampagne mehrmals auf diese Retraumatisierungs- und Triggergefahr des Andreas – Kreuz – Symbols hingewiesen wurden, sah man keinen Nachbesserungsbedarf und wiegelte die berechtigte Kritik ab, man ignorierte den wahrenden Hinweis schlichtweg.
Soviel zur Sensibilität für aktuelle Opfer und Altbetroffene des Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten Rörig!!!
Und wenn ich mir das Interview diesem Levy durchlese, wird mir schlecht.
Was hat Rörig da geritten, sich für diesen ahnungslosen Tatsachen – Verblender, hellraumsüchtigen Theaterspieler zu entscheiden?
Unfassbar!!!