Erst die Grünen, nun Pro Familia: Die Pädophilie-Debatte erreicht die Organisation, die Beratungsstellen für Sexualität und Partnerschaft führt. In den 80er-Jahren veröffentlichte sie Positionen, die Sex zwischen Erwachsenen und Kindern rechtfertigten. Weiterlesen…
In der AKTUELLEN Stellungnahme schreibt Pro Familia demnach, dass „in allen Magazinen von Pro Familia die eindeutige Verurteilung des sexuellen Missbrauchs an keiner Stelle in Frage gestellt“ worden sei. Damit argumentiert der Verein bis heute auf der Pädophilenebene, da er hier implizit eine Unterscheidung zwischen so genannten pädophilen Kontakten und sexuellem Missbrauch vornimmt: Wenn Pro Familia damals sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern gerechtfertigt hat und heute dazu argumentiert, man habe sexuellen Missbrauch immer eindeutig verurteilt, dann geht man bei Pro Familia – offenbar bis heute! – davon aus, dass das eine neben dem anderen stehen kann. Also, dass das, was man damals und bis weit in die 1990er Jahre vertrat (sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern) kein sexueller Missbrauch sei. Hier zeigt sich also, dass die Denke noch immer vom alten Gift, das von „gewalthaften“ versus „gewaltfreien“ sexuellen Kontakten zwischen Erwachsenen und Kindern ausgeht, durchsetzt ist.
Auch dass Pro Familia erst 1998 Pädophilie als Machtmissbrauch bezeichnet hat, halte ich nicht gerade für ein Ruhmesblatt, wenn man bedenkt, dass bereits in den frühen 1980er Jahren Einrichtungen wie „Wildwasser“ und „Zartbitter“ entstanden und entsprechende Literatur (Kavemann/Lohstöter, Rijnaarts, Trube-Becker, Armstrong, Rush, usw.) aufdeckte, dass sexuelle Übergriffe von Erwachsenen auf Kinder Machtmissbrauch darstellen und diese Taten schwere Folgen für die betroffenen Kinder haben.
Das, was jetzt bekannt wird, hat ja weitaus breitere Konsequenzen, als sie bislang diskutiert werden: Nicht nur, dass vielen Kindern in diesen Jahrzehnten sexualisierte Gewalt angetan wurde, darüber hinaus fand das propädophile Gedankengut ja Niederschlag in so gut wie allen gesellschaftlichen Kreisen. Das belegen die Verstrickungen von PolitikerInnen ebenso wie von bislang anerkannten Kinderschutzvereinen, Familienberatungsvereinen, Medien, SozialwissenschaftlerInnen, usw. Will sagen: Auch bis weit über die 1970er Jahre hinaus hatten es die Betroffenen aufgrund dieser breiten gesellschaftlichen Akzeptanz von sexuellen Kontakten zwischen Erwachsenen und Kindern sehr schwer, ihr erzwungenes Schweigen zu brechen und Gehör (statt weiterer Pro-Täter-Argumentation) zu finden. Und heute werden die Opfer für diese gesellschaftliche Haltung mit dem Hinweis auf die Verjährungsfristen erneut ausgeknockt.