Die Gefängnis-Psychologin Susanne Preusker wurde von einem Insassen als Geisel genommen und vergewaltigt. In EMMA (Sommer 2012) schreibt sie über die fatale Reform der Sicherungsverwahrung und gibt Einblick in die Sichtweise/Wahrnehmung der Täter:
„Er ist Mitte 60, klein, aufgedunsen, freundlich, unterwürfig“, beschreibt Preusker einen typischen Täter, wie sie ihn in ihrer jahrelangen Arbeit als Gefängnis-Psychologin schon oft erlebt hat. „Er trägt alte Pantoletten und gelblich verfärbte Unterhemden. Er schwitzt stark, eigentlich immer. Und er hat über viele Jahre Kinder aus seiner Nachbarschaft – der Richter nannte es: randständiges Milieu – auf jede erdenkliche Art und Weise missbraucht. Darauf angesprochen sagt er Sätze wie: „Na ja, die hatten ja sonst keinen, der sich um sie kümmert.“ Oder: „Die haben doch freiwillig mitgemacht.“ Oder: „Ich habe doch keinem weh getan.“ Und er hat stets einen Wunsch auf dem Herzen: größerer Haftraum, anderer Haftraum, größerer Fernseher, andere Arbeit, gar keine Arbeit, mehr Taschengeld, verlängerte Besuchszeiten, Ausgang, Hafturlaub. Entlassung sowieso.
Eines Tages wird in der Gruppentherapie das Thema Wiedergutmachung angesprochen. Er sieht mich aus großen Augen an, dann den Rest der Stunde abwechselnd aus dem Fenster, an die Decke und auf die Uhr. Er versteht nicht, wovon die Rede ist. Er ist pädophil, er ist rückfallgefährdet, er ist Sicherungsverwahrter. Und er ist mittlerweile entlassen. Dank der neuen Rechtslage.“
Susanne Preusker war Leiterin der Sozialtherapeutischen Abteilung eines Hochsicherheitsgefängnisses, erfolgreiche Gefängnistherapeutin und gefragte Gutachterin vor Gericht. Am 9. April 2009, wenige Tage vor ihrer Hochzeit, wurde sie von einem Insassen, einem 50-jährigen Sexualmörder, als Geisel genommen und vergewaltigt. Sie hat zum Glück überlebt.
Über den gesellschaftlichen Umgang mit Opfern sagt sie heute: „Ich merke, dass es eine Art Verhaltenskodex gibt“, sagt sie: Opfern werde gemeinhin kein Selbstbewusstsein zugestanden. Ein Opfer, dankbar für jede Schonung, halte sich idealerweise geduckt und beschämt. „Es war wichtig für mich, im Kopf klarzukriegen, dass ein Opfer sich nicht schämen muss. Ein Opfer hat nie etwas getan.“ (Quelle: FAZ, 13.09.2011)
Der vollständige Artikel steht in EMMA Sommer 2012.
Quelle: http://www.emma.de/ressorts/artikel/strafvollzug/susanne-preusker/